Melli Beese - Gegen alle Widerstände

Die gebürtige Laubegasterin Melli Beese war die erste deutsche Pilotin.

Amélie Beese, stets Melli genannt, muss eine außerordentlich starke Frau gewesen sein. Ihr Leben war ein steter Kampf gegen die Grenzen und Vorurteile ihrer Zeit, und letztlich kam sie selbst an ihre Grenze. Im Dezember 1925 beendete sie ihr Leben. Die erste deutsche Pilotin war 39 Jahre alt geworden.

Geboren wird Melli am 13. September 1886 im Dorf Laubegast. Offensichtlich ist ihr Elternhaus nicht arm; sie genießt eine gute Schulbildung. Danach entschließt sie sich, Bildhauerin zu werden – beeinflusst von ihrem Vater und wohl auch der Kunststadt Dresden. Allein, ein derartiges Studium ist in Deutschland für Frauen unmöglich. So geht sie von 1906 bis 1909 an die Akademie der Freien Künste nach Stockholm.

Dort erreichen sie die ersten Informationen über die Flüge der Wrights und das beginnende Fluggeschehen in Frankreich – was ihr Interesse fesselte. Nach erfolgreichem Studienabschluss kehrt sie nach Dresden zurück und besucht als Hospitantin Vorlesungen in Mathematik und Schiffbau. Im Herbst 1910 taucht sie auf dem ersten Flugplatz Deutschlands in Berlin-Johannisthal auf.

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Die Erscheinung eines Fräuleins Melli, das fliegen lernen will, ist ein unerwartetes Vorkommnis. Man ist ratlos. 

An einen regnerischen Novembernachmittag marschiert Melli vom Bahnhof Johannisthal zu den Albatros-Werken, um sich vom Direktor eine Absage abzuholen. Das Gleiche widerfährt ihr am nächsten Tag bei der Flugmaschinen-Wright GmbH. Allerdings schickt sie Direktor Engelhard zur AdAstra Fluggesellschaft, namentlich zu Robert Thelen. Der stimmt widerwillig zu, ihr Fluglehrer zu werden. 

Mit dieser Zusage reist sie zurück nach Dresden und erklärt sich ihren Eltern.  „Schweren Herzens ließen sie mir auch diesen Wunsch“, so Melli in ihren Erinnerungen. Am 12. Dezember 1910 stürzen Thelen und Beese aus 20 Metern Höhe ab; Melli verletzt sich dabei schwer den Fuß. Damit ist zunächst Schluss mit der Ausbildung. Um dennoch weiterzukommen, bittet sie den Johannisthaler Flugplatzdirektor um Hilfe.

Direktor von Tschudi vermutet nicht zu Unrecht, dass es dem Geschäft nicht schaden würde, wenn er der gaffenden Menge eine Frau präsentiert. So verdonnert er die Rumpler-Werke, das Fräulein weiter zu schulen. Fluglehrer Helmut Hirth folgt der Weisung nur mit Unwillen, und für Melli beginnt eine teils demütigende Zeit. Aber sie bleibt hart. 

An ihrem 25. Geburtstag, Hirth ist beim Schwäbischen Überlandflug, hatte sie alles eingefädelt. Sie ist zeitig auf dem Platz, die unabhängigen Sportzeugen wie bestellt ebenfalls. Als dann ihre Mitschüler und Konkurrenten etwas verspätet auftauchen, werden sie von Melli mit dem gerade ausgestellten Pilotenschein Nr. 115 in der Hand begrüßt.

Als sich die Neuigkeit verbreitet, kommt sogar Direktor Engelhard von Wright GmbH mit seinem Auto an, um ihr zu gratulieren. Von nun an steigt Mellis Ansehen auf dem Flugplatz stetig. Ihre Erfolge erfliegt sie sich dennoch gegen teilweise erbitterten männlichen Widerstand. Ihr Frauen-Höhenweltrekord mit Passagier von 825 Metern besteht bis nach dem Krieg. Zudem schafft sie es, eine Flugschule zu gründen, eigene Flugzeuge zu konstruieren und zu bauen. Und sie nimmt sich auch einen Mann: Am 25. Januar 1913 heiraten Melli Beese und Charles Boutard. 

Charles ist ihr Teilhaber, Fliegerkamerad und treuer Freund. Im Jahre 1914 kommt es zu wirtschaftlichen Problemen in der Flugschule, da sie von der vom Reich finanzierten massiven Ausbildung neuer Piloten nicht berücksichtigt wird. Trotzdem ist zur Seeflugwoche in Warnemünde das neue Beese-Flugboot fertig. Es trägt die Startnummer 21 mit dem Piloten Boutard. Der Beginn der Flugwoche ist auf den 1. August angesetzt. Dieser erste Tag des Weltkrieges läutet die Katastrophe für Melli ein. Gegen die Ehefrau eines Franzosen geht der Staat mit ganzer Härte vor: Schließung des Unternehmens, Betretungsverbot zum Flugplatz und letztlich Ausweisung aus Berlin nach Wittstock. Das Ehepaar verbringt die Kriegszeit in erbärmlichsten Verhältnissen und wird in Wittstock zugrunde gehetzt.

Alle Bemühungen der beiden, nach dem Krieg wieder Fuß zu fassen, scheitern. In der Öffentlichkeit vergessen, materiell und seelisch ruiniert, gibt Amélie Beese vor 100 Jahren auf.

Text: Ulrich Unger

Vortrag "100. Todestag der ersten deutschen Pilotin"

Am 26. Oktober um 14 Uhr lädt der Flughafen zu einem kostenfreien Vortrag von Dr. Ulrich Unger, ehemaliger Flugkapitän, ein. Thema: „Melli Beese – 100. Todestag 2025 der ersten deutschen Pilotin“.

Der Eintritt ist frei.

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Weitere Informationen

Dr. Ulrich Unger ist Vorstandsmitglied der Gesellschaft zur Bewahrung von Stätten deutscher Luftfahrtgeschichte (GBSL) e.V.. Die Vereinigung setzt sich seit 1991 mit viel Engagement und Enthusiasmus für den Erhalt und die Erinnerung an traditionsreiche Stätten der Luftfahrt- und Raumfahrtgeschichte ein. Die Flughäfen Dresden und Leipzig/Halle bedanken sich herzlich für die langjährige gute Zusammenarbeit.

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Details zur Tour

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